Chiharu Shiota
- Martina Nommsen
- 17. Juni 2024
- 2 Min. Lesezeit

Auf Instagram schrieb ich Anfang 2016 über meine erste Begegnung mit einem Werk der japanischen Künstlerin Chiharu Shiota (*1972). Bereits vier Jahre zuvor betrat ich bei einem Besuch der Kieler Kunsthalle Shiotas Installation «Stairway» und war überwältigt von der zugleich fragilen und monumental erscheinenden Arbeit.
Der etwa 80 Quadratmeter grosse Durchgangsraum wurde von Shiota mit Hilfe von Wollfäden in ein schwarzes Geflecht verwandelt, welches sich gleich eines Spinnennetzes von Wänden und Decke abhob und in seinem Inneren acht eingewebte, scheinbar schwerelose Treppenstufen offenbarte. Treppenstufen, die ins Nichts führten und in dieser Form auf Shiotas künstlerisches Streben verwiesen, in ihren Werken essentielle Themen wie Leben und Tod, das Gefühl des Eingeschlossenseins oder der Verlorenheit aufzugreifen.
Der Grund, warum ich vier Jahre darauf meinen ersten Instagram-Post dieser Künstlerin und insbesondere diesem Werk widmete, beruhte auf einem Atelierbesuch. Anfang 2016 hatte ich die Ehre, Chiharu Shiota in ihrem Berliner Atelier im Prenzlauer Berg persönlich kennenzulernen. Am Ateliereingang schlüpfte ich in Hauspantoffeln und betrat mit einer Tasse grünen Tee ihren kreativen Raum. An den Wänden, in den Regalen und auf den Tischen versammelten sich verschiedenste Werkideen in Form von detailgetreuen Modellen und Zeichnungen in den unterschiedlichsten Schaffensprozessen. Im Gespräch mit dieser sympathischen Künstlerin durfte ich von ihr erfahren, welche Themen sie besonders interessierten und an welchen Werken sie arbeitete.

Ein eindrückliches Werk, das ohne die charakteristischen schwarzen oder roten Wollfäden auskommt, aber zugleich nichts von der emotionalen Erhabenheit einbüsst, ist Shiotas Installation Inside – Outside von 2009. Ein Labyrinth aus aufgetürmten Fensterrahmen versammelt die Erinnerungen all jener Menschen, die einst ihren Blick durch diese Scheiben richteten.
In ihren vielfältigen Arbeiten kombiniert Shiota Installationen, Performance Art und Körperkunst zu einem differenzierten Prozess, der den menschlichen Körper selbst als Ausgangspunkt positioniert. Nicht nur begegnen wir den Intentionen der Künstlerin, Zeit, Bewegung, Träume und Erfahrungen einzufangen, sondern werden als Betrachter:innen auch körperlich und emotional von den eindringlichen Themen der Werke herausgefordert.
Mittlerweile ist die vielfach mit Preisen ausgezeichnete Künstlerin mit ihren raumgreifenden Installationen sowie kleinformatigen zarten Gespinsten in zahlreichen internationalen Sammlungen vertreten. Ihre Werke sind kontinuierlicher Bestandteil (inter-)nationaler Einzel- und Gruppenausstellungen, darunter auch ihre Einzelschau Eye to Eye im Museum Haus Konstruktiv in Zürich 2023.

Auch auf renommierten Veranstaltungen, darunter die Art Basel sowie die Biennale von Venedig, präsentiert Shiota ihre eindrucksvollen Werke aus schwarzen oder blutroten Baumwollfäden. 2024 ist sie auf der Art Basel im Unlimited Sektor mit ihrer Arbeit The Extended Line vertreten - in einem Video der Art Basel im Kontext des Meet the Artist-Programms könnte ihr Chiharu Shiota selbst zu Wort kommen lassen.
Weitere Informationen zu ihrem umfangreichen Werk findet ihr bei Templon sowie auf der persönlichen Homepage der Künstlerin.
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